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Neue Diagnoseverfahren: Pollenallergie unter die Lupe genommen

2017

Eine Pollenallergie ist nicht nur äußerst unangenehm, sie kann auch Folgeerkrankungen wie Nasennebenhöhlenentzündungen oder Asthma bronchiale verursachen. Eine frühzeitige und exakte Diagnose ist daher gesundheitsförderlich. Neben den bekannten Hauttests stehen nun stark verbesserte und weiterentwickelte Blutuntersuchungen zur Verfügung. Dank dieser modernen Verfahren können „Biomarker der Allergie“ vor allem bei Kindern oder älteren Menschen schon früh angezeigt werden.

Eine „allergische Rhinitis“, landläufig auch als „Heuschnupfen“ bekannt, ist eine allergische Reaktion, die durch Kontakt mit Pollen hervorgerufen wird. Eine rinnende oder ständig verstopfte Nase, Augenjucken und Niesen sind Beschwerden, unter denen Allergiker dann in der Pollenflugzeit leiden. Jedoch ist das Ausmaß einer unbehandelten Pollenallergie noch größer als es auf den ersten Blick erscheint.
Eine unbehandelte allergische Rhinitis kann auch chronische Nasennebenhöhlen- und Stirnhöhlenentzündungen sowie in weiterer Folge Asthma verursachen. „Etwa ein Viertel aller Patienten mit unbehandeltem Heuschnupfen entwickelt im Laufe der Zeit Asthma bronchiale“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim, MedUni Wien.

Auch wenn das Asthma bereits manifest ist, treten die Symptome nach Kontakt mit den Allergenen auf. Die Asthmaanfälle sind deshalb stark von der Jahreszeit abhängig. Während der Pollensaison treten sie häufig auf, im Rest des Jahres kaum. Aufgrund des milden Jänners startete die Pollensaison heuer etwas früher als im langjährigen Schnitt. Die Kälte im Februar bremste den Pollenflug etwas ab. Das Auf und Ab geht weiter, denn die Birkenpollensaison wird heuer Rekordwerte erreichen. Manche Patienten sind nur gegen wenige Pflanzen allergisch, andere reagieren bei vielen unterschiedlichen Pollen empfindlich. Das Problem: In der Pollensaison ist es fast unmöglich, den Allergie- und Asthmaauslösern zu entgehen. Dennoch kann ein Blick auf den aktuellen Pollenkalender helfen. Univ.-Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim: „Eine Pollenallergie betrifft den gesamten Körper und lässt sich auch in Form eines veränderten Blutbildes feststellen, sobald Allergiker ihren Allergieauslösern ausgesetzt werden.“

Die Allergie im Blut haben

Laut zwei Wiener Studien kommt es zu einer Veränderung des Blutbildes, sobald Allergiker ihren Beschwerdeauslösern ausgesetzt sind. Die Zahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die den Sauerstoff aus der Lunge durch den Körper transportieren, sinkt im peripheren Blut während der Allergenexposition signifikant ab – auf ein Ausmaß einer leichten Anämie. Zu wenige rote Blutkörperchen führen zu einer Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff. Typische Symptome sind Blässe, Müdigkeit, Atemnot, Schwäche, Schwindel oder Kopfschmerz – das Krankheitsgefühl bei Allergiesymptomen verstärkt sich. Auf der anderen Seite kommt es, ähnlich wie bei einer Infektion, gleichzeitig zu einem deutlichen Anstieg an Leukozyten (weiße Blutkörperchen), die sonst für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig und die „Wächter“ unseres Körpers sind. Sie sollen offenbar die Allergene als vermeintliche Angreifer unschädlich machen.
„Durchschnittlich vergehen sechs bis neun Jahre, bis ein Heuschnupfen-Patient zu einer fachgerechten Diagnose und Behandlung kommt. Diese Zeitspanne gilt es zu verkürzen!“, verdeutlicht Univ.-Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim.

Neue Diagnoseverfahren

Die Diagnose einer Pollenallergie basiert auf den drei Säulen Anamnese, Hauttest und Blutscreening. Erster und wichtiger Schritt ist das ausführliche Gespräch mit dem Arzt, bei dem die Beschwerden mit möglichen Allergieauslösern in Zusammenhang gebracht werden. Danach folgen zumeist die bewährten Hauttestungen mit Allergenextrakten. Für Kleinkinder, alte Menschen oder Patienten mit atopischen Ekzemen (Neurodermitis) kann der Hauttest jedoch schlechter geeignet sein. Für diese Menschen ist das Blutscreening eine bessere Form der Diagnose. Schnell und wenig belastend können sie gerade bei Kindern oder bei älteren Menschen eine Sensibilisierung schon früh anzeigen und wichtige Informationen für eine zielgerichtete Therapie liefern.

Die Blutuntersuchung hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und verbessert. Besonders genau ist die sogenannte Komponenten-basierte Diagnostik. Hier können nicht nur die Allergieauslöser als Ganzes untersucht werden – ein Allergenextrakt besteht aus vielen Bestandteilen –, sondern es lässt sich ganz gezielt herausfinden, gegen welche einzelnen Moleküle in dieser Mischung der Patient reagiert. Diese Errungenschaft hilft, Reaktionen gegen Umweltallergene festzustellen und unterstützt ein sehr zielgerichtetes und rasches Identifizieren des beschwerdeauslösenden Allergens. Diese Blutuntersuchung kann auf zwei unterschiedliche Arten durchgeführt werden: durch Analyse einzelner Allergene oder mittels Allergen-Mikrochip, der aus nur einem Blutstropfen in einem Durchgang IgE gegen über 100 Allergene screent. Beide Tests weisen Antikörper bereits nach, wenn noch gar keine Symptome erkennbar sind (Sensibilisierung). Abgestimmt mit den berichteten Beschwerden kann die Therapie punktgenau eingesetzt werden.

Die Diagnostik mit Extrakten und einzelnen Allergenkomponenten kann österreichweit bei allen allergologisch geschulten Fachärzten durchgeführt werden. Die Krankenkasse zahlt Tests auf fünf Allergene pro Quartal. Der Allergen-Chip erlaubt ein breites Screening, wird aber nur in einigen spezialisierten Zentren angeboten, die Kosten für diese moderne Testung müssen die Patienten selbst tragen.

Aufwind 01/18