Entspannungstechniken

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Entspannungstechniken

Entspannungsverfahren werden vor allem in der Behandlung von Menschen mit chronischen Krankheiten, Angstzuständen, nervösen Beschwerden, Panikattacken, psychosomatischen Beschwerdebildern eingesetzt und dienen neben der Verringerung körperlicher Erregung, der Abnahme der Herz- und Atemfrequenz, der Verminderung von Gefühlen wie Angst, Anspannung, Nervosität und Überforderung auch der Vorbeugung psychischer Erkrankungen, der Vermeidung der psychischen Überlagerung körperlicher Erkrankungen und der besseren Krankheitsbewältigung. Durch das Erlernen eines Zustandes innerer Gelassenheit werden Menschen fähiger, mit belastenden Situationen besser umzugehen.

Bei Überbelastung können körperliche Symptome wie beschleunigter Herzschlag, Schwitzen, flacher Atem oder Zittern auftreten, in Entspannungstrainings lernen Patienten, sich körperlich und psychisch wohler zu fühlen, gelassener zu werden und vor allem zu erkennen, ob, wann und in welchem Ausmaß körperliches Geschehen – wie z.B. Anspannung und Nervosität mit eigenen Gedanken und Gefühlen zusammenhängt.

Ziele der Entspannungstechniken

Verringerung von Stress, Anspannung und Nervosität

Wahrnehmungssensibilisierung: die Wahrnehmung für Vorgänge im eigenen Körper wird geschärft, es wird der Blickpunkt auf angenehme Körpersensationen gelegt, dies ist vor allem bei Patienten wichtig, die ihren Körper nur mehr als angstvoll und krank erleben, wie das bei vielen Menschen mit chronischen Erkrankungen der Fall ist.

Erkennen des Zusammenhangs zwischen gedanklicher und körperlicher Anspannung
Menschen erleben durch das Üben von Entspannungstechniken, wie sehr z.B. belastende, negative Gedanken zu körperlichen Missempfindungen wie Anspannungsgefühlen führen

Stärkung der Gefühle von Hoffnung, Zuversicht und Kontrolle
durch Wahrnehmen der eigenen Fähigkeit, an seinem körperlichen und psychischen Befinden durch eigenes Handeln etwas verändern zu können, werden negative Gefühle wie Hoffnungslosigkeit und Ausgeliefertsein – z.B. der Krankheit gegenüber – verringert und die eigene Zuversicht und das Selbstvertrauen gestärkt

Angstbewältigung auf 3 Ebenen:

  • auf der körperlichen Ebene: Senken des Erregungsniveaus
  • auf der gedanklichen Ebene: Beruhigung der angstauslösenden Gedanken, die in Wechselwirkung mit der körperlichen Anspannung stehen durch ein inneres „Zur Ruhe Kommen“
  • auf der Verhaltensebene: ein innerliches Freiwerden für neue Handlungsmöglichkeiten.

Der Einsatz von Entspannungstrainings bei Menschen mit Atemwegserkrankungen ist besonders angezeigt, wenn folgende Verhaltensweisen und Eigenschaften die Bewältigung der Krankheit bereits erschweren und zu vermehrter Anspannung führen:

Passive und hilflose Grundhaltung („ich kann eh nichts machen, bin völlig der Krankheit ausgeliefert,…“), die zu depressivem und ängstlichem Vermeidungsverhalten führt, z.B. in Bezug auf Annahme von Hilfestellungen durch andere

Sich Zurückziehen in die Krankenrolle mit dem Ziel, Aufmerksamkeit, Zuwendung und Fürsorge zu erlangen („wenn ich schon krank bin, dann will ich wenigstens ein bißchen Zuwendung haben“)

Vermeidung unangenehmer Belastungen (immer mehr Situationen werden vermieden zum Zweck der Schonung)

Rückzug im Sozial- und Leistungsbereich (immer weniger soziale Kontakte werden gepflegt, immer mehr werden Leistungen nicht mehr als positive Herausforderung gesehen)

Ungeeignete Bewältigungsformen im Umgang mit der Erkrankung (Resignation, Rückzug, Passivität, Hadern,..)

Generell starke Angst- und Furchtneigung (Chronische Krankheiten führen zu deutlich vermehrter Angstbereitschaft, die generalisieren, d.h. auf immer mehr Bereiche des alltäglichen Lebens übergreifen kann)

Übersteigertes Bedürfnis nach Kontrolle (da Atemwegserkrankungen bei vielen Betroffenen mit einem Gefühl des Kontrollverlusts verbunden sind, wird in anderen Lebensbereichen vermehrt nach Kontrolle gestrebt, so z.B. fast zwanghaftes Streben nach Perfektion im Beruf, im Haushalt, in der Kontrolle eigener Gedanken und Gefühle, etc.)

Stressreicher Lebensstil (wenig Genussmöglichkeiten, keine Strategien zur Erlangung von Entspannung, langweilige oder überfordernde Arbeit, stresshafte persönliche Beziehungen, Zeitdruck, ständige Sorge um eigene Zukunft, Resignation, Verzweiflung, Angst vor Zurückweisung, krampfhaftes Bemühen, es allen Menschen recht zu machen, wenig individuelle Strategien zur Konfliktlösung vorhanden, etc.)

Es soll hier nicht der Eindruck erweckt werden, oben angeführte problematische Verhaltensweisen ließen sich allein ausreichend mit Entspannungsmethoden behandeln. In vielen Fällen wird es notwendig sein, im Rahmen einer Psychotherapie die Probleme kognitiv und emotional zu bearbeiten.

Methoden der Entspannung

Autogenes Training

Zu den wohl bekanntesten Entspannungsverfahren zählt Autogenes Training (AT)- auch Methode der konzentrativen Selbstentspannung genannt; wobei unter konzentrativer Selbstentspannung eine Zuwendung der Aufmerksamkeit zu bestimmten Körperregionen unter Zuhilfenahme bestimmter „Formeln“ – sogenannter „Vorsatzsätze“ verstanden wird.
Das Autogene Training baut auf 6 Grundübungen auf (Schwereübung zur Entspannung der Muskulatur, Wärmeübung zur Entspannung der Blutgefäße, vier Organübungen für Herz, Atmung, Bauchorgane und Kopf).

Das AT wurde nach Erfahrungen aus der Hypnose entwickelt, körperliche Zustände, die Menschen in einer Hypnose erleben, werden durch bestimmte Formeln angesprochen und dadurch erlebbar gemacht. Die Aufmerksamkeit wird auf bestimmte Entspannung vermittelnde Zustände gelenkt.

Ziel des AT ist es, sich in möglichst kurzer Zeit zu entspannen, Selbstruhigstellung, Innenschau, eine sogenannte „organismische Umschaltung“ auf Ruhe und Entspannung, eine Wiederherstellung der Balance des vegetativen Nervensystems.

Beim Erlernen der Methode des Autogenen Trainings ist es wichtig, mit dem Therapeuten die Wirkung jeder einzelnen Übung zu besprechen. Bei manchen Erkrankungen ist es sinnvoll, einzelne Übungen derart zu verändern, dass andere Formeln verwendet werden, die aber genau der spezifischen Erkrankung angepaßt werden müssen. Insofern ist vom Selber Üben nach Buch bei Menschen mit bestehenden Krankheiten abzuraten.

Jeder, der die oben genannten Grundübungen erlernt hat, kann im Anschluß daran eigene „Vorsatzformeln“ für seine ganz persönlichen Anliegen und Probleme erarbeiten und erproben.

Yoga

Eine weitere Entspannungstechnik ist die Technik des Yoga. Wörtlich übersetzt meint Yoga die Herrschaft des Geistes über Körper und Seele. Yoga wird seiner Überlieferung nach in 8 Bereiche eingeteilt:

  • Verhaltensregeln (Yama)
  • Selbstdisziplin (Niyama)
  • Körperhaltung (Asana)
  • Atemführung (Pranayama)
  • Sinnenbeherrschung (Pratyahara)
  • Konzentration (Dharana)
  • Meditation (Dhyana)
  • Erleuchtung und Entspannung (Samadhi)

In unserem Kulturkreis werden besonders die Bereiche der Körperhaltung und der Atemführung unter dem Begriff des Hatha-Yoga vermittelt.
Die Verlangsamung des Atems wird erreicht durch Bewusstwerden des eigenen Atems, dies geschieht durch die zahlreichen Atem- und Meditationsübungen des Yoga.

Yoga-Asanas trainieren jeden Körperteil, strecken und kräftigen Muskeln und Gelenke, die Wirbelsäule und das gesamte Knochengerüst. Sie wirken ebenso auf die inneren Organe, Drüsen und Nerven.

Entspannen im Sinne des Yoga hat mit Loslassen zu tun, mit Nicht – Anhaften an unwichtigen Dingen, mit Konzentration auf den eigenen Atem als Lebensenergie und mit einem die eigenen „Gedanken zur Ruhe Kommen Lassen“.
Die Yoga-Atemübungen, die eine verlängerte Phase des Atem-Anhaltens und des Ausatmens betonen, führen zur besseren Kontrolle des Geistes und bereiten den Menschen für Konzentration und Meditation vor

Progressive Muskelentspannung

Eine weitere wichtige Methode der Selbstentspannung ist die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson:

In der Progressiven Muskelentspannung geht es um das Wechselspiel von Anspannung und Entspannung bestimmter Muskelgruppen. Durch diesen willkürlichen Wechsel von Anspannung und Entspannung der Muskulatur wird eine Entspannungsreaktion erlernt. Bestimmte negative Gefühle, wie z.B. Angstgefühle oder Gefühle der Hoffnungslosigkeit sind mit Spannungen verbunden und führen zu Muskelkontraktionen. Bei der Methode nach Jacobson werden bestimmte Muskelpartien ganz gezielt einige Sekunden angespannt und danach ganz bewußt entspannt. Menschen lernen auf diese Weise, z.B. Ängste durch muskuläre Entspannung zu lindern.

Durch bewußte Konzentration auf die Wahrnehmung und Empfindung von Spannung und Entspannung und besonders auf den Übergang vom angespannten in den entspannten Zustand wird die Körperwahrnehmung verbessert. Ziel ist eine verbesserte Sensibilisierung für körperliche Zustände.

Techniken der Imagination

Bei den Imaginationsübungen wird im Anschluß an das Erlernen einer Entspannungsmethode (AT oder Progressive Muskelentspannung) die Konzentration auf bestimmte bildhafte Vorstellungen gelenkt.

So werden Imaginationsübungen z.B. bei chronischen Erkrankungen eingesetzt, Patienten werden angeleitet, sich an bestimmte Orte zu erinnern, an denen sie Kraft gespürt haben und an denen sie sich wohl gefühlt haben oder sie versuchen, sich auf bestimmte Körperprozesse zu konzentrieren in Verbindung mit einem symbolischen Bild. So können Schmerzpatienten sich z.B. die Stelle ihres Schmerzes vorstellen und finden dafür das Bild eines glühenden Nagels. Daraufhin stellen sie sich vor, wie der Nagel nach und nach kühler wird und der Schmerz nachläßt. Oder Sie imaginieren das Bild eines für sie beruhigenden und entspannenden Gefühls, das von den Schmerzen ablenkt, zu einer Beruhigung führt und den Teufelskreis von Schmerzen, Anspannung, Konzentration auf Schmerz durchbricht.
Patienten mit Atemwegserkrankungen können angeregt werden, ein für sie angenehmes, Beruhigung vermittelndes Bild von Weite und Loslassen zu finden.

Es existieren noch viele andere Methoden der Entspannung, die aber im großen und ganzen eine Verkürzung oder Vermischung der oben erwähnten Methoden darstellen.
Im wesentlichen kommt es bei all diesen Methoden auf eine gewisse Grundhaltung an. Diese besteht in einem Sich Einlassen auf eine Methode, in einem Neugierigsein auf alles, was während des Erlernens der Entspannung passiert.